Was sind die Zutaten für einen Actionfilm zum mitspielen? Zunächst stehen da die obligatorischen Kernelemente: Explosionen, nervenkitzelnde Situationen, hitzige Shootouts. Brutal und ruppig sollte es an manchen Stellen sein, auch eine einfach nachvollziehbare und deswegen griffige Geschichte muss her. Man will sich ja nicht zu stark auf gehirnakrobatische Storywindungen konzentrieren, sondern braucht einen Vorwand für ein kontrolliertes Chaos. Und damit sind wir auch schon direkt beim wichtigstem Punkt angelangt: Wenn alles um einem herum in ein anarchistisches Durcheinander versinkt, aber wir die Person sind, die alles wieder unter Kontrolle bringen muss, dann haben wir nicht nur eine ehrenvolle Aufgabe übernommen, sondern finden auch Gelegenheit in der Achterbahn der Entwickler einzusteigen. „Urban Chaos“ ist eine Achterbahn, und erstaunlicherweise sogar noch ein wenig mehr. Erwartungsgemäß ist die grundlegende Backgroundstory einfach: Eine namenlose amerikanische Stadt wird urplötzlich von der brutalen Burner-Gang überfallen. Sie verüben diverse Terroranschläge, bei denen ihren Namen entsprechend viele Gebäude in Brand gesetzt werden, und sorgen mit ihrem anarchistischen Auftreten für zusätzlichen Schrecken. Da kommt T-Zero wie gerufen; eine Spezialeinheit, die von der Stadtverwaltung erst kürzlich für solche Ausnahmesituationen gegründet wurde. Die Vorgehensweise von T-Zero ist – wenn man es freundlich ausdrückt – als kompromisslos zu bezeichnen. Nur ein toter Feind ist ein guter Feind. Zwar werden menschenfreundliche Festnahmen immer wieder gern gesehen und sind bei Bandenanführern, die Informationen ausspucken könnten, sogar erforderlich, aber letztendlich werden die Feuerleger auch mit Feuer bekämpft. Der Spieler übernimmt die Rolle von einem T-Zero-Mitglied namens Nick Mason. Der klingt nicht nur wie ein Actionheld aus der dunklen Ecke in der Videothek, er ist auch tatsächlich eine One-Man-Killing-Machine inklusive Polizei-Abwehrschild und wird somit im Fortlauf der Handlung zum Helden der Stadt. Da können Robocop und Chuck Norris einpacken. Immer geradeaus, bitte! „Urban Chaos“ präsentiert sich als ein derart linieres Ego-Shooter-Spektakel, dass jedes Lineal dagegen fast wie eine Kurve wirkt. Es gibt so gut wie keinerlei Abweichungen, sondern man wird von den Entwicklern stehts an die Hand genommen und durch einen festen Weg geleitet. Dafür hat es dieser aber in sich. Die starke Linearität wurde für viele gescriptete Events genutzt, die nur ein Ziel haben: Den Spieler mitten in die temporeiche Spielhandlung zu versetzten. Fahrzeuge verwickeln sich in Unfälle, Teile von Gebäuden stürzen ein , Helicopter der Spezialeinheit surren umher, ständig geht irgendwo etwas in die Luft. Dabei läuft stehts ein an Bruckheimer-Filme erinnernder Soundtrack, der manchmal nervenaufreibend, manchmal pathetisch wirkt. Erwartungsgemäß funktioniert auch das Gameplay eher nach dem Hau-Drauf-Prinzip. Es gibt keine Stealth-Einlagen, dafür aber eine Reihe durchschlagskräftiger Waffen, mit denen nach herzenslust infiltriert werden kann. Brutales Vorgehen, in Form von Kopfschüssen, oder menschenfreundliches Vorgehen, in Form von Festnahmen, werden vom Spiel entsprechend prämiert. Doch auch wenn viele Burner über den Jordan geschossen werden, so ist das primäre Ziel von T-Zero der Schutz der Bürger. Also tut man sich mit anderen Hilfskräften zusammen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Nick hilft Feuerwehrleuten in Flammen eingeschlossene Zivilisten zu retten, gibt Sanitätern bei der Behandlung von Verletzten Feuerschutz oder hilft der Polizei bei eskalierenden Schussgefechten aus der Patsche. Would you like to know more? Dabei baut „Urban Chaos“ eine durchaus zehrende Spannung auf; der kitzelnde Hauch der drohenden Anarchie überträgt sich irgendwann auch auf den Spieler. Umso mehr ist man froh darüber, dass einem ein gutes Team zur Seite steht. Mason kommt immer wieder mit bestimmten Einsatzkräften in Kontakt, die nach einer Zeit wie alte Vertraute wirken, auf die man sich im Kampf verlassen kann oder die sich auf Nick selbst verlassen müssen; samt und sonders, wenn es um Rettungsaktionen oder Geiselnahmen geht. Die Figuren bleiben dabei dem Actionszenario entsprechend trotzdem relativ eindimensional. Der besondere Kniff im Art Design bringt jedoch die augenzwinkernde Aufmachung der Briefings vor den einzelnen Level. Da bekommt man stehts eine Nachrichtensendung zu sehen, in der die Nachrichtensprecherin über die neusten Anschläge und Entwicklung der Ermittlungen über die Burner informitert. Das ist bewusst etwas trashig gehalten, und vermittelt einen Hauch des parodistischen Ansatzes eines „Starship Troopers“. Wenn die vom Schwierigkeitsgrad teils echt knackige Single Player-Kampagne nach rund acht Stunden komplett durchgespielt wird, kann man sich auf die Jagd nach Auszeichnungen für bessere Spieleistungen begeben, oder sich in den Multiplayer stürzen, der ein unterhaltsames Rundumpaket bietet, aber auch nicht wirklich hervorsticht. Das tut auch die technische Seite des Spieles nicht wirklich. Die visuelle Aufmachung siedelt sich trotz einiger detaillierter Umgebungen qualitativ im oberen Mittelfeld an. Besonders störend ist, dass sich die Gegner bis auf wenige Ausnahmen wie ein Ei dem anderem gleichen. Aber so unpoliert das Spiel bei manchen Kleinigkeiten auch sein mag, so gelungen ist die Ausführung in Sachen Atmosphäre und intensiven Erlebniswert: Bei „Urban Chaos“ ist der Spieler mittendrin, statt nur dabei.