Uncharted 2 hat mich traurig gemacht. Dieses traurig, das man hat, wenn man einen guten, alten Freund zum Bahnhof bringt, den man dann erst mal auf unbestimmte Zeit nicht wiedersieht. Der Millionenseller um Schatzsucher Nathan Drake hat mir nämlich nicht nur Spaß gemacht. Ich finde, Nate und ich hatten ne echt dufte Zeit zusammen. Unser Abenteuer beginnt in der Karibik, wo wir uns gerade noch am Strand vergnügen, als Abenteurer-Kollege Flynn und die bezaubernde Chloe auftauchen. Die haben, nicht ganz zufällig, Hinweise auf Marco Polos verschollene Flotte dabei. Der gute Polo brach nämlich 1292 mit 14 Schiffen, vollbeladen mit Schätzen Kublai Khans und 600 Passagieren, von China auf, kam letztendlich aber nur mit einem Schiff und 16 weiteren Personen in der Heimat an. Was genau mit dem Rest geschah, bleibt bis heute ein Rätsel. Aber dank des Hinweises gehts erstmal nach Istanbul, einem Museum einen nächtlichen Besuch abstatten. Von da an überschlagen sich die Ereignisse und die Story nimmt, genauso wie die filmreif inszenierte Action, an Fahrt auf. Frei nach der Devise: „Verschnaufen ist für Milchbrötchen“ gehts von Istanbul über Borneo nach Nepal und Tibet. Verfolgt werden wir dabei vom edlen Spender des Hinweises, einem serbischen Kriegsverbrecher namens Lazarevic und seiner Armee. Dieser ist nämlich hinter dem Cintamani Stein her, einem riesigen Saphir, der in der verborgenen Stadt Shambala zu finden sein soll. Um Reichtum gehts dem Russen jedoch nicht. als wäre es ein Film So, genug gespoilert. Wer mehr wissen will, besorgt sich am besten das Spiel. Klar ist die Story keine Offenbarung des Johannes an Videospieler, aber unterhaltsam ist sie allemal. Dieser Hollywood-Mix aus geschichtlichen Fakten, Mythen und Fantasy, gespickt mit einer guten Portion Humor, von denen Abenteuerfilme leben, funktioniert, in Verbindung mit einer akribisch genauen Inszenierung der Ereignisse im Spielverlauf, nahezu perfekt. Die Spielmechanik gestaltet sich vergleichsweise einfach. Seit dem ersten Teil hat sich wenig geändert. Nate ballert und klettert immer noch geschmeidig durch wunderschöne und abwechslungsreiche Kulissen. Zwischendurch gibts dann zur Auflockerung ein paar nicht allzu schwere Rätsel, die sich mit dem Tagebuch lösen lassen. Das alles lässt sich, wie gewohnt, sehr flüssig steuern. Nur sehr selten ärgert man sich über die Kamera, wenn sie sich in eine Perspektive begibt (um vielleicht die Umgebung oder den Abgrund unter einem zu zeigen) und dadurch die Steuerung der aktuellen Kletterpassage schwieriger wird, als sie sein müsste. Ansonsten lässt die inszenierte Action keine Wünsche offen. Glaubt mir, wenn ihr euch das erste Mal auf einem fahrenden Zug fortbewegen müsst, während ein dutzend Russen auf euch schießen und gleichzeitig ein Kampfhubschrauber Raketen feuert, während ihr ständig heranschnellenden Ampelmasten ausweichen müsst, werdet ihr alles andere als entspannt auf der Couch sitzen. Aber keine Bange! Naughty Dog hats irgendwie hinbekommen, dass grade solch atemberaubende Passagen wunderbar spielbar sind, ohne dass man sich fühlt, als laufe man wie auf Schienen àla Assasins Creed. Das gelungenste an Uncharted 2 sind jedoch die lockeren Dialoge und ausgearbeiteten Charakterzeichnungen, die dem Spiel seinen angenehmen Grundton geben. Jeder Charakter handelt stringent mit einer nachvollziehbaren Absicht. Dies verhindert zwar die Dynamik einer etwaigen Handlungsfreiheit, aber wir spielen ja auch keinen Openworld-Titel. Der Entwickler hält uns hier an der kurzen Leine. Das Einzige, was der Spieler wirklich „entdecken“ kann, sind Schätze, die in den weitläufigen, aber trotzdem linearen Levels versteckt wurden. Auch die Dialoge während des Spiels und in den Cutscenes klingen nicht nur nach höchst professionellem Voiceacting, nein, sie sind auch überraschend gut geschrieben. Mir jedenfalls zaubern Nathans Oneliner immer wieder ein Grinsen ins Gesicht. Gezaubert (geile Überleitung wa?) wird übrigens auch auf der technischen Seite. Die Charaktere und Landschaften sind unglaublich detailliert. Wenn Nate ins Wasser steigt, wird seine Kleidung nass. Wenn er nur bis zu den Knien ins Wasser steigt, wird die Hose auch nur bis zu den Knien nass. Kleidung sieht auch wirklich aus wie Kleidung. Wie echter Stoff. So verhält es sich auch mit Schnee. Aber vor allem Lazarevic sieht wahnsinnig gut aus. Bei ihm erkennt man jede einzelne Pore auf der verbrannten Haut. Besondere Erwähnung verdient jedoch die Levelarchitektur. Realistische Städte und malerische Dörfer, Bombastische Tempelanlagen und eine beeindruckende Eislandschaft runden für mich das sehr positive Gesamtbild ab. Nachschub! Jetzt bin ich doch tatsächlich wieder ein bisschen wehmütig. Aber Uncharted 2 kommt noch längst nicht wieder ins Regal. Erst wird noch der umfangreiche Multiplayer Modus mit Deathmatch und Koop Modi ausprobiert und weiter Trophäen und Schätze gesammelt. Naughty Dog hat ja schon angekündigt, für ihr Baby mehrere DLCs bereitzustellen. Tja, das nenn ich mal ein Produkt. Hier merkt man, dass die Entwickler nicht nur eine Auftragsarbeit fertig stellen, sondern wirklich Bock auf ihr Projekt hatten. So viel Liebe zum Detail durfte ich selten in einem Action-Adventure entdecken. Hoffentlich lässt der Dritte nicht allzu lange auf sich warten und kommt noch für diese Konsolengeneration raus.