Die Idee liegt eigentlich nahe: Seit die Resident Evil-Reihe mit dem vierten Teil eine deutlich schießwütigere Richtung eingeschlagen hat, hat man sich eigentlich gefragt, weshalb nicht schon in der Konzeptphase gleich alle Survival Horror-Altlasten gestrichen wurden und man sich auf ein reines Ballerspiel konzentriert hat. Hatte Nummer 4 noch ein paar Anleihen an sein Ursprungsgenre, so wirkten die eingeschränkte Steuerung und die paar klitzekleinen Adventure-Einlagen in Nummer 5 wie unnötige, aufgesetzte Blockaden. Das macht beide Titel in keinster Weise schlecht, doch wird damit längst nicht mehr als alte Publikum um die Jahrtausendwende, sondern ein völlig neues angesprochen. Welches das genau ist versucht die japanische Spieleindustrie seit vielen Monaten herauszufinden. Man sieht auf der Insel nur, wie im Rest der Welt ein gewisses Kriegsspiel einen unvergleichlichen Siegeszug feiert und träumt von ähnlichen Erfolgen. Vorläufiges Resultat wird Resident Evil 6 werden; eine Großproduktion, wo etwa 600 Personen involviert sind und wo der Produzent Masachika Kawata schon angekündigt hat den Actionanteil ausbauen zu wollen. Insofern ist das Spinoff „Resident Evil: Operation Racoon City“ nur konsequent: Hier liegt ein reinrassiger Team-Shooter vor mit ausschließlicher Konzentraton auf Schusswechseln und L4D-inspirierten Paniksituationen. Dass dieses Spiel die blinde Wut der Fans auf sich zieht erstaunt mich etwas, denn man hätte es kommen sehen müssen. Stattdessen die gleiche Schallplatte von wegen früher sei alles besser und so weiter und sofort.

Dass der 4-Spieler-Coop-Multiplayer kein „Drop-In“ kennt ist für längere Spielsessions zwar ärgerlich, im Praxisfall aber weniger problematisch, zumindest wenn man mit verabredeten Freunden spielt, statt mit Fremden aus dem weitem Netz. Die Solokampagne hat man allerdings nach rund fünf Stunden bewältigt und generell wären mehr Karten nicht schlecht gewesen. Man wird diesbezüglich also auf DLC warten müssen; ein Dilemma, welches wir zur Genüge kennen.
solide Grundlagen

Leider lässt REORC das dynamische Pacing des AI-Directors aus L4D vermissen. Engpässe, Zombie-Überfälle, größere Monster: Alles ist fest in den Karten gescriptet und richtet sich nicht nach dem Verhalten der Spieler. Spielt man alleine mit der (zum Glück nicht im Weg stehenden) KI, so fällt dies nicht sonderlich ins Gewicht. Im Multiplayer fehlt aber der gewisse Spannungsmoment; etwa wenn man mit stark angeschlagener Gesundheit noch zum nächsten Checkpoint kriechen möchte, aber ganz fies vom Spiel noch einen Satz Gegner vorgesetzt bekommt, um erst recht richtig Druck zu machen. Mit besonders fähigen Spielern ist REORC allerdings besonders einfach, mit besonders unfähigen Spielern hingegen besonders schwer. Den dynamischen Mittelpunkt findet das Spiel für die 4er-Gruppe nicht.
Um dem entgegen zu wirken hat Slant Six sich offenbar die Infizierungsmechanik einfallen lassen: Wird man gebissen, so trägt man den Zombievirus in sich und der Krankheitsgrad steigt langsam, aber stetig an. Erreicht sie das Maximum verwandelt man sich selbst zu einem hirntoten Fleischfresser. Das Spiel entreißt einem in dem Moment die Kontrolle und die eigene Figur wirft sich blindlings auf die Mitspieler. Das ist nicht ganz unspannend und hat für mich in einigen Multiplayersessions für ein paar brisante Situationen gesorgt. Ist gerade kein Heilspray in Sicht, versucht man das beste aus der restlichen Zeit zu machen und prescht für die Gruppe nach vorne. Durch ein entsprechendes Symbol sind die zudem bereits vorgewarnt, dass aus dem Freund gleich ein Feind werden kann. Das bringt durchaus Pep in die Situation, doch den Stachel nimmt sich die Mechanik dadurch, dass infizierte Freunde sofort wieder in das Spiel einsteigen können und zudem noch deren Vorräte beim Ableben geplündert werden können. Ein dauerhaftes Aussetzen bis zum zumindest nächsten Checkpoint hätte mehr Nervenkitzel erzeugt und das Risikoverhalten gemildert.

eine Geschichte über Arschlöcher
Schade.


Es wird ja gemunkelt, dass dieses Spiel ursprünglich ein ganz normaler Team-Shooter á la SOCOM war und erst während der Entwicklung zu einem Resident Evil-Spiel umgewandelt wurde. In ein paar Jahren wird nicht mehr von diesem Spiel übrig bleiben als: „Ach ja, da war doch dieser merkwürdige Resident Evil-Shooter. Den hab ich ja glatt vergessen.“