Artikelstruktur 11.09.14: Der erste Kontakt Über den AutorMichael CherdchupanHauptverantwortlicher Freiberuflicher Autor und Mediengestalter. Liebt Silent Hill 2, Okami, Nier, Dead Space, Alpha Centauri, Motorstorm Apocalypse, Antichamber & Shadow of the Colossus. Es mag so manchen verwundern, aber meine interessanteste Erfahrung mit einem Spiel aus dem Hause Bungie war der Anime-Prügler Oni. Obwohl ich Halo 3 und ODST sehr gern gespielt habe, habe ich nicht in die große Reihe hineingefunden und dementsprechend wurde das Studio in meiner persönlichen Wahrnehmung nie zu diesem festen Begriff, wie er es in den Köpfen vieler anderer Spieler ist. Insofern sah Destiny für mich auf den ersten Bildern wie eine konsequente Weiterführung von Halo aus: Science Fiction, dass trotz viel Metall irgendwie organisch anmutete. Und naja, alles irgendwie eingebettet in einen Shooter. Der Hype-Train von Destiny rauschte völlig an mir vorbei, ich habe noch nicht einmal die Beta gespielt – und dann, ein paar Tage vor Release, packte mich dann doch das Interesse. Eher spontan habe ich eine Promo angefragt; ohne große Erwartungen ging ich an das Spiel heran. In den ersten drei Stunden wurde ich dabei angenehm überrascht. Ich fand es immer lächerlich, dass der Master Chief völlig ohne Gesicht daher kam. Es sollte eine Hülle sein, die der Spieler mit seinen Vorstellungen füllen konnte, aber die Rechnung ging wegen der völlig banalen Charakterisierung des Helden-Archetypen nie bei mir auf. Destiny ist da direkt konkreter: Ich kann mir einen Avatar aussuchen und dabei zwischen Geschlecht, Hautfarbe, verschiedenen Gesichtern und Kriegsbemalungen, gar Lebensformen wählen. Ich entscheide mich nach ein paar Experimenten mit dem Charaktereditor für eine Figur, die ich als eine Art Sci-Fi-Magierin bezeichnen würde: Ein Warlock, welcher in der Lage ist Materie in Wallung zu bringen, und trotzdem gut mit Waffen umgehen kann. Erinnert mich an die Siren aus Borderlands 2. Und die mochte ich sehr. Der erste Nahkampfangriff, ein kraftvoller Energiestoß mit der Hand, ähnelt optisch sogar ein wenig an dem Cel-Shading-Pendant. Der Master Chief ist nur eine Hülle ohne Gesicht. Destiny ist da löblicherweise etwas konkreter. Dann starte ich das Spiel und mich begrüßen majestätische Panoramen von postapokalyptischen Landschaften zu majestätischer Musik. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es in Halo 3 damals Szenen gab, wo man über weite Landschaften sehen konnte, bis weit zum Horizont. Diese Szenen sind ein Scheiß gegen das, was einen in Destiny erwartet. Mag sein dass es generell technisch bessere Lösungen für Grafik gibt, aber das Art Design, sowie die Vision der Landstriche machen das locker wieder wett. Was sehe ich da eigentlich? Ein vergessenes, völlig zerstörtes Russland irgendwo in der fernen Zukunft auf der Erde. Ehe ich darüber nachdenken kann, erweckt mich ein kleiner Roboter zum Leben, der mich an einen vernünftigen Bruder von Wheatley aus Portal 2 erinnert. Klein, quirlig, süß animiert, und doch todernst in seiner Stimmlage. Todernst ist auch die folgende Gefechtssituation: Merkwürdige Roboter jagen mich in ein dunkles Gebäude hinein und ich schieße mich durch ganze Horden von ihnen. Bevor ich überhaupt verstanden habe, worum es geht, habe ich bereits gefühlt 50 Gegner umgeschossen. Aber ich mag das. Hier ist ordentlich was los! Was das Spielgefühl betrifft, ist man schnell drin, sofern man in der Vergangenheit einen Shooter auf der Konsole gespielt hat. Destiny ging mir sofort in Fleisch und Blut über. Ich finde ein Raumschiff, fliege damit (leider nicht eigenhändig) zur letzten Großstadt auf der Erde – und plötzlich sind da andere Mitspieler. Ich kratze mir am Kopf: Aus dem Ego-Shooter ist auf einem Schlag ein MMORPG geworden? Die toll inszenierte erste Mission weicht plötzlich einen eher unbeholfen wirkenden HUB, wo ich auf meinem Markt Zeug kaufen und mit herumhüpfenden Mitspielern Kontakt pflegen kann. Die Händler murmeln dubioses Zeug, wenn man etwas bei ihnen erstehen möchte. Das soll wohl geheimnisvoll wirken. Aber es wirkt plump, ebenso wie der plötzliche Kontakt mit offenbar wichtigen Anführern von politischen/religiösen/whatever-Gruppierungen, die sich nicht vorstellen, sondern einfach da sind. Ein blöder Bruch zur coolen ersten Mission, wo mir eine verlassene Welt geschickt vorgestellt wurde. Die wollte ich erkunden. Diesen langweiligen HUB hier, der wie ein Puppentheater wirkt, möchte ich hingegen so schnell wie möglich verlassen. Aber man kann schnell zu den eigentlichen Shooter-Missionen zurück, indem man mit seinem Rauschiff in den Orbit fliegt und eine auswählt. Yeah! Es gibt neben der Erde noch Mond und Mars! Zunächst löse ich aber erst noch in Russland ein paar Missionen, sammle Erfahrungspunkte, staune über weitere wunderschöne Landschaften und liefere mir etliche Gefechte. Einmal bin ich eine Etage zu tief in einen Keller hinabgestiegen und stieß auf Gegner, die ein Fragezeichen über dem Kopf hatten. Mit einem Schuss war ich tot. Aha, auf meine Erfahrungsstufe sollte ich also schon achten. Pathetisches, bedeutungsschwangeres Gelaber von maskierten Roboterwesen, die von Zeug schwafeln, dass dich nicht die Bohne interessiert. Mein erster Eindruck? Es ist schön, es klingt fantastisch, spielt sich toll – aber die Geschichte und somit das Universum packen mich noch nicht wirklich. In einer Zwischensequenz kommt ein maskiertes Roboterwesen mit dunkler, männlicher Stimme auf mich zu und schubelawafelt mir irgendwas von Hütern, der Finsternis und vergangenen Kriegen vor. Ich hätte fast erwartet, dass gleich Laserschwerter und die Macht mit ins Gespräch einfließen. Noch habe ich nicht verstanden, wie die Logik dieser Welt funktioniert, noch fühlt sie sich für mich nicht greifbar an. Eher wie ein tolles Gemälde, dem man etwas hinzugedichtet hat. Ich hoffe sehr, dass es noch Klick macht, denn so sehr ich kryptische Geschichten mag, so sehr wirkt das pathetische, bedeutungsschwangere Gelaber mancher Figuren gerade durch das edle Design und die epische Musik eher aufgeblasen und gewollt. Hoffentlich wird die Kulisse am Ende mehr als, ja, eine Kulisse. Das gilt auch für die menschlichen Spieler, die bisher eher deplatziert wirkend durch die Level stolpern. Den Vorteil einer Vernetzung habe in in den ersten drei Stunden noch nicht gesehen. Bei der nächsten Session geht es auf den Mond. Wie ich jüngst erfahren habe, soll es dort Hexen geben. Aha.