Es fing alles ganz harmlos an. Im Dezember 2006 spielte ich mein erstes XBox 360 Spiel, Gears Of War mit Namen. Ich beendete das Tutorial und es machte „Pling“ und es kam eine Einblendung, dass ich den Erfolg „Gefängnisausbruch“ frei geschaltet hatte. 10 Gamerscorepunkte hatte ich erhalten. „Nanu, was ist denn das?“ fragte ich mich. Gänzlich neu in der Thematik, holte ich mir Rat im Internet und fand heraus, dass es ein „Achievements System“ auf der Box gibt. Demnach sind in jedem Spiel „Erfolge“ verteilt, welche man für bestimmte Tätigkeiten bekommt, eben diese Gamerscorepunkte, oder kurz „GS“. Diese werden dann auf deiner Visitenkarte angezeigt. Mein erster Gedanke: „Pf, also nur ne digitale Schwanzverlängerung, die keinen wirklichen Wert hat; brauch ich also nicht wirklich drauf zu achten.“ Während ich diese Zeilen nun schreibe, liegt eine aufgezogene Spritze in Scheibenform vor mir und ich bin kurz davor, diese zu benutzen. Der Inhalt: Feinster GS… Blut lecken … Wie ist es dazu gekommen? Im Laufe der Zeit wuchs mein Gamerscore Stand immer weiter, auch ohne drauf zu achten erhielt ich durch das normale spielen immer mehr und mehr Erfolge. Erst kam die 500, dann 1000, ohne dass ich dem groß Beachtung schenkte. Als ich die 2000ner Marke überschritt, fing ich so langsam an, mich immer mehr zu freuen über das erreichte. Ich besuchte häufiger Internetseiten, welche sämtliche Achievements auflisteten und genau beschreiben, was zu tun ist, um an selbige heranzukommen. Visitenkarten von Freunden wurden verglichen und ich freute mich, wenn mein GS höher war oder war verärgert, wenn mein Kollege „in Front“ lag. Sogar auf der Arbeit verfolgen mich die Erfolge. Ohne Witz: Auf der Toilette dort muß irgendwo was tropfen. Wenn dieser Tropfen dann irgendwo aufkommt, ergibt dies ein Geräusch, welches mich fatalerweise an das Achievement Pling erinnert. Ich wisst gar nicht, was das für ein witziges Gefühl ist, wenn ihr so eben Nelson Mandela aus Darmstadt befreit habt und es auf einmal „Pling“ macht und das erste, was ihr denkt, ist: „Yeah, klasse Erfolg“. Die „richtigen“ Erfolge werden regelrecht katalogisiert von mir. Als erstes die guten Erfolge: Dies sind die Erfolge, die es z.B. für das beenden von Level oder Spielen gibt. Sie liegen quasi „auf dem Weg“ und jeder kann sie mitnehmen. Dann gibt es Backpulver Erfolge: Backpulver deshalb, weil diese Achievements zum Strecken des eigentlichen Spieles benutzt werden, dazu gehören besonders die Sammelerfolge. Seien es 50 Duff Kronkorken bei den Simpsons, 100 Flaggen bei Assassin´s Creed oder circa 10³ * 66³³ Bausteine bei Lego Star Wars, alles muß man sammeln, sammeln, sammeln, um Erfolge feiern zu können. Als nächstes die amüsanten Erfolge: Bei denen denkt man sich: „Jepp, hier hatten die Entwickler Spaß, sich ein paar Erfolge auszudenken“. Als Beispiele hierfür nenne ich mal den „Easiest Achievement Ever“ Erfolg beim Simpsons Spiel. Dort bekommt man 5 GS für einfaches „Start“ drücken im „Drücken Sie bitte „Start“ – Bildschirm, oder die 47 Kopfschüsse bei Kane & Lynch (47 ist der „Name“ des Killers aus der Hitman Serie, vom selben Entwickler). Ein wahres Eldorado für solch amüsante Achievements stellt die Orange Box da. Dort bekommt man z.B. einen Erfolg, wenn man einen Gartenzwerg vom Anfang der Episode 2, bis zum Ende mitschleift, um diesen dann mit einer Rakete ins All zu schießen. Als letztes die Ja, bin ich denn bekloppt?! Erfolge: Hier schüttel ich (noch) mit dem Kopf und frag mich: „Wer hat bitte schön die Lust SOWAS zu machen bzw. Wer hat soviel Zeit?“ Paradebeispiel für mich hier: Töte Online 10.000 (in Worten ZEHN! TAUSEND!) Gegner in Gears Of War. Aber auch der „Vernichte mindestens 53.594 Zombies“ Erfolg in Dead Rising fällt für mich in diese Kategorie. Und den Gartenzwerg würde ich bestimmt nicht ins All kloppen, auch wenn es sehr amüsant wäre. Inzwischen liege ich bei circa 8.000 GS, Tendenz steigend. Okay, hier werden vielleicht manche Lachen, habe ich doch schon Visitenkarten gesehen, die auf über 100.000 GS verwiesen. Da frage ich mich echt, ob diese Leute entweder zu viel Geld oder zu viel Zeit haben. Wahrscheinlich beides. Ein bisschen neidisch bin ich aber schon. Grad kam mir der Gedanke, ob ich nicht im StudiVZ eine Gruppe für anonyme GS-Suchtis erstellen soll. Diese würde dann „Das blaue Pad“ heißen und anstatt „Hi! My Name is…“ würde „ROFL! My Gamertag is…“ auf unseren Schildchen stehen. Anmeldeformulare kann ich auf Wunsch hier verschicken. … Blut trinken Kommen wir zurück zu der GS-Spritze am Anfang. Diese Spritze hat auch einen Namen: Avatar. Es ist ein Spiel, welches mich so gar nicht interessieren würde. Geht wohl um ne Manga Serie. Was mich aber sehr wohl interessiert: Es ist hier möglich, innerhalb von noch nicht mal 5 Minuten 1.000 GS zu erzielen. Der feuchte Traum eines Achievement Junkies. Im Moment fühl ich mich irgendwie ein wenig schlecht deswegen. Bin ich wirklich schon so tief gesunken, dass ich mir ein Spiel ausleihe, nur um an GS zu kommen? Habe ich meine Seele gänzlich dieser „Erfindung“ aus Redmond verschrieben? Werde ich nun zu einer GS-Hure? Andererseits, was ist schon dabei? Die Zeit wird es zeigen. Doch, ich werde mir diese 1.000 GS holen. Ich bin ja nicht abhängig…