Wenn es ein Genre gibt, dass ich über alles liebe und wo mich selbst Amy noch an Grenzgebiete hinführen könnte, ohne dass ich ihr böse sein kann, dann ist es Survival Horror. Sicher, die Hochzeit scheint vorbei zu sein, aber selbst die Abwandlungen, die wir heute zu sehen bekommen, beinhalten für mich persönlich alles, was ein gutes Spiel auszeichnet. Die ausgewogene Mischung aus Action und Adventure, die ausgeprägte Explorationskomponente, Charaktere die tatsächlich auch Charaktere sind und vor allem das optimalerweise feinsinnige Gespür für eine so dichte Atmosphäre, das man das Gefühl hat man könne sie mit dem Messer durchschneiden. Fügt dann noch Geschichte mit persönlichen Traumata hinzu, lasst mich in dunkle menschliche Abgründe blicken und ihr habt mich. So kommt es nicht ungefähr, dass neben den besseren Teilen der Silent Hill-Reihe auch Spiele wie Forbidden Siren, Rule of Rose oder Penumbra zu meinen absoluten Favoriten zählen. Auch den action-betonteren Titeln wie Alan Wake und Dead Space konnte ich viel abgewinnen. Ach, ich liebe sie eigentlich alle. Was Resident Evil allerdings betrifft, so stehe ich mit der gesamten Reihe ein wenig auf Kriegsfuß. Sicher, Spaß machen sie alle. An Unterhaltungswert sind die japanischen Zombiespektakel kaum zu überbieten. Aber wenn es um mehr geht, das „gewisse Etwas“, was ich in anderen Horrorspielen sehe, dann flachen die allermeisten Vertreter der Reihe meiner Meinung nach ab. Das Remake vom Original und Zero, beidesamt für den Gamecube erschienen, konnten mich am meisten begeistern, doch ansonsten wirkt die Mischung aus Trash, Anime, Blockbuster-Action und Mutationsgewichse auf mich eher albern als furchteinflößend. Das würde mich gar nicht mal stören, wenn der Reihe nicht der allgemein anerkannte Titel des „Erfinder des Survival Horror-Genres“ fest auf die Brust getackert wurde. Klar, die Mechanismen hat Resident Evil damals vertieft und verfeinert, aber für Alone in the Dark und Sweet Home war das schon alter Hut. Und ein Paradebeispiel für ausgefeilte Dramaturgie war Resident Evil ja eher selten. Sehr selten. Ein Lichtblick Und dann erschien „Resident Evil: Revelations“, ein exklusiver Ableger für den kleinen 3DS. Ich möchte ehrlich sein: Viel erwartet habe ich nicht. Denn die bisherigen mobilen Ableger – Gaiden, Degeneration und die ganzen Iphone-Ports – waren eher durchschnittlich. Eben ganz nette Sachen für unterwegs. Der kleine Zombie-Snack zwischendurch. Für Revelations hingegen, und da lasse ich die Katze direkt mal aus dem Sack, ziehe ich meinen Hut, denn: Seit Zero ist das der erste Teil, der mich innerhalb der ersten Minuten abholen konnte; den ich nahezu am Stück durchgespielt habe. Es ist endlich wieder einmal Survival Horror statt purer Action-Shooter! Und gruselig! Und spannend! Wooohooo, da gehen mir jetzt etwas die Pferde durch. Also von vorne: Das prinzipiell uninteressanteste an Resident Evil ist auch in Revelations eher Beiwerk, nämlich die Hintergrundgeschichte über irgendwelche Bioterror-Organisationen und Anti-Bioterror-Organisationen, die sich gegenseitig Virenkulturen um die Ohren hauen. Das ist wie immer völlig Banane, und so werden in dem kruden Mix Science Fiction und Bezüge zu Terroristen der Realität untergebracht. So richtig wasserfest ist die Geschichte nie, aber sie wird serientypisch sehr stylisch in Szene gesetzt und kriegt durch den dezenten Trash-Bonus – pathetische Synchro und Zwei-Silben-Dialogbuch sei Dank – einen gewissen Charme. Die Kostüme der Figuren setzen da noch einen drauf. Dass Protagonistin Jill zum Beispiel in einem hautengen Knackarsch-Bumpmapping-Taucherkostüm sitzt, dass bei jeder Gelegenheit an den rundesten Stellen feucht-fröhlich glänzt, trägt sehr zur „Glaubwürdigkeit“ bei. Oder so. Dramaturgisch, als auch spieltechnisch war es allerdings eine ausgezeichnete Idee, die gesamte Story im Episodencharakter zu erzählen. So erlebt man drei verschiedene Perspektiven drei unterschiedlicher 2er-Teams an mehreren unterschiedlichen Orten, manchmal sogar Zeiten, die alle am Ende zusammengeführt werden. Wenn Stück für Stück neue Fragen aufgeworfen werden und die Parallelhandlungen sich zunehmend zuspitzen, gewinnt die gesamte Handlung an Spannung und – ja – es wird mitreißend. Jede Episode endet mit einem Cliffhanger und ist Pi mal Daumen 30 bis 40 Minuten lang, so dass man das Spiel ganz wie eine TV-Serie in kleinen Häppchen genießen kann. Ich bin selbst überrascht, dass ich solche Zeilen zu einem Resident Evil-Spiel schreibe. Noch mehr Lichtblicke Noch besser gelungen ist allerdings ausschlaggebend das Spiel selbst, dass sich als Hybrid aus alten und neuen Episoden der Reihe entpuppt. Der hauptsächliche Schauplatz ist auf einem verlassenen Luxusschiff angesetzt (was frappierend an RE: Gaiden erinnert) und der in sich geschlossene Raum wurde überraschend authentisch inszeniert. Man bewegt sich durch mannigfaltige Sektoren und Decks, stets tendierend zwischen den imposant gestalteten Besucherräumen und den dreckigen Hintergängen und Maschinenbereichen für das Personal. Sie sind alle logisch miteinander verwoben, was angesichts des durchdacht eingesetztem Backtracking glaubhaft rüberkommt und dafür sorgt, dass man ein gutes räumliches Gefühl für das Schiff bekommt. Die fragmentarische Auflösung von Bereichen ist geschickt gelöst: Oft wandert man an verheißungsvollen Türen oder Schränken vorbei, bekommt den Schlüssel dazu aber erst später. So gibt es ständig etwas neues zu entdecken und selbst wenn man alte Orte besucht, erscheint dies nie sinnlos. Toll ist dabei vor allem, wie die aus jüngeren Episoden bekannten Action-Shooter-Einlagen mit klassischem Survival Horror vermengt werden. Es gibt Passagen, wo man von allen Seiten angegriffen wird und ein halbes Dutzend Monster über den Jordan schickt, und trotzdem werden sehr abwechslungsreich und stimmungsvolle, ruhige, gar gruselige Segmente eingestreut. Dieser ständige Wechsel in Kombination mit der episodenhaften Erzählweise sorgt dafür, dass man laufend am Ball bleibt, ohne dass Abschnitte zu sehr gestreckt werden. Mit anderen Worten: Das Pacing ist ganz vorzüglich. Dass dabei die technische Seite zu dem beeindruckendsten gehört, was man bisher auf dem 3DS zu sehen bekam und die Dreidimensionalität die Immersion nur noch verstärkt, ist eine besonderer Glücksfall. Gerade wenn mit der Taschenlampe in dunkle Gänge geleuchtet wird und der Schleim aus Rohren von den Decken tropft, schlägt mein Gamerherz ein wenig höher. Auch die schleimigen Monster, die diesmal keine Zombies im klassischen Sinne sind, sondern eher aussehen wie aufgedunsene Wasserleichen-Quallen-Irgendwas, kommen durch den 3D-Effekt wunderbar plastisch rüber. Sogar die Musik bekommt bei Revelations die Mischung aus bedrohlichen Suites und adrenalinfördernden Einschüben wunderbar gekonnt hin. Es ist schon erstaunlich, dass auf einem kleinem portablen Gerät so viel Sogkraft möglich ist. Aber gut, dass konnte Silent Hill: Origins auf der PSP damals auch beweisen, Kopfhörer vorausgesetzt. Ansonsten befreit sich Revelations erfreulicherweise von einigem unnötigen Serienbalast und sorgt sich vor allem um benutzerfreundliche Spielbarkeit. Die Zielmechanik kann beispielsweise wahlweise auf 1st- oder 3rd-Person umgesetzt werden, Inventarkisten werden nur in Maßen strapaziert und – Revolution! – man kann gleichzeitig Laufen UND schießen. Für die Resident Evil-Reihe ein Novum! Nur für Survival Horror-Puristen wie mich, die das knallharte Forbidden Siren knacken konnten, ist der normale Schwierigkeitsgrad (den einzigen, den man zu Beginn neben „Einfach“ auswählen kann), ein wenig zu popelig. Na gut. Die Bosskämpfe waren manchmal etwas kniffeliger. Manchmal. Der Multiplayermodus, bestehend aus separaten Missionen, und ein paar freischaltbare Bonusgegenstände, sowie ein höherer Schwierigkeitsgrad nach Beendigung des Spiels runden das Gesamtpaket ab. Fans dürften zufrieden sein. Überraschung Ja, ich bin immer noch erstaunt, wie gut mir Relevations gefällt. Zwar ist der Horrorfaktor lange nicht so hoch wie bei den eingangs erwähnten Beispielen, aber dazu müssten sich die Entwickler auch stark von der Grundformel eines typischen Resident Evil entfernen, um diesen erheblich zu erhöhen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten ist der 3DS-Ableger aber ausgezeichnet gelungen und gibt mir viel von dem zurück, was ich zu den Hochzeiten des Survival Horrors ausgiebig geliebt habe. Dass die Reihe sowieso auch viele Jahre nach dem Original immer noch den Nerv vieler Spieler trifft, muss ich selbst als Skeptiker anerkennen. Wenn noch mehr Teile im Schlage eines Revelations folgen werden, dann sicher mit weniger Einwänden. ♥