Geometry Wars[1] war schon immer ein Biest. Es ist eines der einfachsten Arcade-Spielprinzipien, die je ins Leben gerufen wurden, und doch fesselt es länger als so mancher komplizierter Titel. Du bist ein kleines Raumschiff und bewegst dich durch ein abgezäuntes, zweidimensionales Spielfeld, während um dich herum eine Vielzahl von geometrischen Formen erscheinen, die dir alle an die Wäsche wollen. Das fängt alles zunächst ganz harmlos an und du hast keine Schwierigkeiten mit deiner Bordkanone dich dem garstigem Formen zu entledigen. Doch dann tauchen sie immer häufiger, immer zahlreicher und als andere, mit anderen Taktiken ausgestattene Gattungen auf, bis der ganze Bildschirm nur so von ihnen wimmelt. Dass sie sich primitiv und nach immer gleichen Muster verhalten ist deine einzige Chance zu überleben. Während also der pulsierende Techno-Sound aus den Boxen dröhnt und die Grafik ein Effektfeuerwerk abfeuert, versuchst du die Lücken in dem Wirrwar zu finden, um noch ein bisschen länger durchhalten zu können. Je länger du das schaffst, desto höher wird deine Punktzahl am Ende sein. Und das macht süchtig. Süchtig macht auch die Jagd nach Punkte-Multiplikatoren. Das ist der erste Aspekt, in dem sich Geometry Wars Evolved 2 vom Vorgänger unterscheidet. Während man dort nämlich die begehrten Vervielfältiger nur mit Durchhaltevermögen und einer Vielzahl von Abschüssen erreichen könnte, sammelt man sie nun einfach ein. Die kleinen Geoms aus Gemeotry Wars: Galaxies[2] – so kleine gelbe Dinger, die aussehen wie Kristalle – haben es auch in den aktuellen Teil geschafft. Im Gegensatz zu Galaxies kann man sich davon nichts kaufen, doch die Funktion des Multiplikators wurde beibehalten. Neu ist auch, dass man den Faktor nicht verliert, wenn man sein virtuelles Leben aushaucht. Dafür ist wie vorher bei x150 noch nicht Schluss. Ich selbst habe es auf über x1200 geschafft. Ob es noch höher geht, werde ich wohl erst in Zukunft – nach viel Übung, Übung, Übung – erfahren. Diese keinen Geoms wirken sich unweigerlich auf das Gameplay aus: War man im Vorgänger „nur“ damit beschäftigt um sich zu schießen und auszuweichen, so hat man jetzt eine Sorge mehr. Jeder kleine Geom ist nunmal eine weitere Chance darauf, den Highscore zu knacken. Praktischerweise wird der Score der Mitglieder der eigenen Freundesliste gleich mit angezeigt, um den Wettbewerb anzustacheln. Modi-fiziert Um die 2 im Titel rechtfertigen zu können, hat man nicht nur die Optik und den Sound ordentlich aufgepeppt, sondern neben dem klassischen Fortschritt-Modus, der dem vom Original entspricht, auch noch fünf weitere Spielmodi hinzugefügt. Während zwei davon nur leichte Abwandlungen sind – einmal mit Zeitbeschränkung und einmal mit einer Unterteilung in zwanzig Etappen – greifen die restlichen drei wesentlich stärker in das Grundprinzip ein. Zum einen wäre da der Modus „König“: Auf der Spielfläche erscheinen in regelmäßigen Intervallen sog. Zonen in Form von kleinen Kreisen, die das einzige temporäre Gebiet darstellen, in dem der Spieler Feuern kann. Außerhalb der Zonen sind die Waffen blockiert und es bleibt nichts anderes übrig als geschickt auszuweichen. Fies ist dabei, dass die Zonen sich nach Betreten innerhalb von wenigen Sekunden auflösen, gleichzeitig aber im Sekundentakt neue Gegner auftauchen. So ist man gezwungen dauernd nach dem nächsten Hot Spot Ausschau zu halten, während man sich vorausschauend den Weg dahin freiballert, solange man überhaupt die Gelegenheit dazu hat. Ähnlich kniffelig gestaltet sich der Pazifist-Modus. Ganz im Wortsinn liegt dieser nicht: Zwar verfügt das eigene Schiff über keinerlei Bewaffnung, aber stattdessen kann man durch ständig aufploppende Tore fliegen, die beim Passieren explodieren. In einem kleinen Radius werden dabei alle umliegenden Gegner zerstört. Dabei tauchen ebenfalls im Sekundentakt diese kleinen türkisfarbenen Karos auf, die einem unentwegt hinterherfliegen. Nach einer Zeit hat man einen derart großen Mob hinter sich, dass eine regelrechte Hetzjagt entsteht. Gemein ist dabei zusätzlich, dass die Karos kontinuierlich immer schneller werden, so dass sie irgendwann das eigene Raumschiff einhohlen. Dieses Verhalten haben sie übrigens in den anderen Spielmodi auch. Schwerer als es klingt ist schlussendlich der Wellen-Modus. Hier kann man jederzeit um sich feuern, doch die Gegner tauchen in schnellen Intervallen als horizontal oder vertikal bewegende Formationen auf. Dabei kommt ein neuer Gegnertyp zum Einsatz: Eine Art orangene Rakete, die man zwar mit einem Schuss locker wegfegen kann, die sich allerdings so schnell wie unser Geschoss bewegt. „Wellen“ spielt sich quasi wie Space Invaders auf Speed[3] und wird bereits nach wenigen Sekunden sehr schwer. Denn ehe man sich versieht, kommen die Raketen unaufhaltsam aus allen Himmelsrichtungen und werden mit jedem Intervall um eine weitere Formation erweitert, die sich hinter oder vor die alte reiht. Die Gegner-Wände, in die man eine Lücke schießen muss, werden also immer dicker. Man wird sprichwörtlich überrannt. Multi-fiziert Das definitive Highlight von Geometry Wars: Evolved 2 dürfte allerdings der Mehrspieler-Modus sein. Bis zu vier Spieler können sich nun an einer Konsole kooperativ zur Seite stehen oder sich gegenseitig die Punkte stibitzen. Spielbar ist dabei jede auch im Single-Player vorhandene Variante. Wird man als Solist schon von Farben und Formen bombardiert, so wird der Multiplayer schnell zur chaotischen Ekstase, bei der Panik eines einzelnen Spielers überaus ansteckend wirken kann. Immerhin wird das Spiel dadurch etwas leichter: Weil alle gleichzeitig zu sehen sein müssen [4], zoomt die Kamera so weit raus wie nötig; dadurch gewinnt man trotz mehr Gewusel eine etwas größere Übersicht. Und mit der richtigen Taktik wird man den Gegnerscharen mit Mitstreitern deutlich besser Herr. Leider ist der Multiplayer nicht online spielbar. Das wäre quasi die Krönung des Ganzen gewesen; das arcadige Freud- und Leid mit Geschrei über Headset mit jedem Mitglied in der Freundesliste erleben zu dürfen … ja, das wäre eine besondere Erfahrung gewesen. Trotzdem hat sich Geometry Wars: Evolved 2 seinen Titel redlich verdient. Es hat sich in allen Punkten konsequent weiterentwickelt, bietet neue Herausforderungen, witzige Archievements mit besonderen Aufgabestellungen, einen Multiplayer, eine trotz minimalistischen Stil wahnwitzige Grafik, pulsierenden Sound und viele kleine Detailänderungen, die vor allem Experten der Vorgänger als Verbesserung auffassen dürften. Da ist es schon etwas seltsam, wenn man nach ein paar Stunden in den direkten Vorgänger zurückkehrt. Evolved Nummero Eins fühlt sich angesichts des neuen Spektakels bleicher, gemächlicher, etwas vergreist an. Na, immerhin kann Opa stolz auf seinen Enkel sein. [1]Die Serie besteht bisher aus vier Teilen: Dem Original, welches in Project Gotham Racing aufgetaucht ist, der Neuauflage für X-Box Live namens „Geometry Wars: Evolved“, einem Wii und DS-Ableger mit dem Untertitel „Galaxies“, sowie dem nun vorliegenden Teil „Evolved 2“.↩ [2]Wii und DS. Beide Versionen sind aufgrund ihrer hardwarebedingten Steuerung sehr zu empfehlen.↩ [3]Es gibt eine tatsächliche Neuauflage namens „Space Invaders Extreme“ für die PSP, die sich etwas grooviger spielt. Nur eine Info für Arcade-Fans am Rande :)↩ [4]Glücklicherweise wird der Bildschirm im Multiplayer nicht geteilt …↩