Was die Diskussion um „Killerspiele“ betrifft, die seit dem Amoklauf in Emsdetten wieder entbrannt ist, nehmen die nach und nach veröffentlichten Gesetzesentwürfe so langsam bizarre Formen an. Es ist nicht verwunderlich, dass einige Politiker sich allgemein für ein Verbot von brutalen Games ausprechen, aber bei dem Vorschlag von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann von der CDU hat es mir die Sprache verschlagen. Er fordert nämlich, dass Herstellern und Verkäufern von „Killerspielen“ bis zu zwei Jahre Haft oder Geldstrafe droht. Beckstein hatte zuvor „nur“ ein Jahr für beide verlangt. Der eigentliche Klopper ist aber, dass Niedersachsen Besitzern solcher Videospiele ebenfalls an den Kragen möchte. Und zwar mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. War die „Killerspiel“-Debatte bis dato lediglich albern, hochgekocht und nur ein Beweis von völliger Medieninkompetenz, sind solche Vorschläge schlicht als dumm und beleidigend zu bezeichnen. Ernsthaft: In Deutschland ist es möglich, dass ein Sexualstraftäter mit 3 Monaten Bewährung davonkommt, aber wenn jemand in einem Videospiel virtuellen Aliens mit einer Kettensäge den Kopf abschnippelt, dann könnte er möglicherweise für ein Jahr ins Gefängnis kommen? Überhaupt sollte die Relation zwischen einem Verbrecher und einem Videospieler mit einem gesunden Menschenverstand überhaupt gar nicht erst zu ziehen sein. Mit anderen Worten: Nach dem Gesetzentwurf von Schünemann wird jeder Liebhaber von erwachsenen Games auf dieselbe juristische Stufe gestellt, auf der sich auch Diebe, Mörder und Vergewaltiger befinden. Selbstverständlich handelt es sich hierbei nur um einen Entwurf, und nach wie vor sind viele Äußerungen innerhalb dieser Debatte zunächst nur heiße Luft. Ebenso gibt es viele Politiker und Medienwissenschaftler, die statt hanebüchenen Verboten ernstzunehmende Vorschläge an die Öffentlichkeit bringen. Derzeit ist das alles jedoch nur ein wildes Durcheinander. Ein Gemisch aus stark emotionalen Äußerungen, Engstirnigkeit, Halbwissen, Beißreflexen, Profilierungssucht oder – im optimalem Falle – guten Absichten. Es gibt bereits andere aus unseren Kreisen, die versuchen, euch die Übersicht etwas zu erleichtern. Traurig, dass so der Fokus von den offensichtlicheren Gründen des Amoklaufs verloren geht und gleichzeitig Videospieler so stark angegriffen werden. Über triviale Themen ausgiebig zu diskutieren steht deutschen Politikern bekanntlich gut. Ein weiteres Beispiel dafür wäre die schon seit einer halben Ewigkeit ausgeführte Debatte um das Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten. Als ich an jenem Vormittag im November in den Nachrichten von dem Amoklauf gehört habe, war ich betroffen – nicht zuletzt, weil ich selbst eine lange Zeit in Emsdetten gelebt habe. Als jedoch ein paar Stunden später der offizielle Sündenbuck in den Medien bekannt gegeben wurde, war ich fast persönlich angegriffen und mehr als verärgert. Der absurde Entwurf setzt dem Ganzen noch das Sahnehäubchen auf.